Geburt im Rettungsdienst 1
Die Geburt im Rahmen eines Rettungsdiensteinsatzes ist ein seltenes Ereignis. Bei ca. 2% geplant oder ungeplant präklinisch vorkommenden Geburten, muss der Notfallmediziner jedoch sowohl Kenntnisse zum physiologische Ablauf einer Geburt haben, als auch mit den wichtigsten Komplikationen vertraut sein.
Im ersten Teil dieses Beitrags werden wir uns mit dem präklinischen Vorgehen im Rahmen einer physiologischen Geburt sowie einer Frühgeburt beschäftigen. Wärend wir im zweiten Teil auf geburthilfliche Komplikationen eingehen werden.
Eine Schwangerschaft und auch die Geburt sind in aller Regel physiologische Vorgänge die keiner notfallmedizinischen Intervention bedürfen. Sollte man als Notarzt in eine Geburt geraten, werden zunächst Basismaßnahmen durchgeführt und die Anfahrt einer Klinik angestrebt. In den seltenen Fällen in denen das nicht gelingt, verlaufen Sturzgeburten in aller Regel unkompliziert.
Die Einsicht in den Mutterpass ist bei jeder Schwangeren in der Notfallmedizin und insbesondere bei einer präklinischen Geburt hilfreich. Hier sind Vorerkrankungen, Allergien, Medikamente und der bisherige Schwangerschaftsverlauf dokumentiert.
Eine normale Geburt ist definiert ab der 37 + 0 Schwangerschaftswoche (SSW) aus Schädellage (SL).
Physiologischer Geburtstermin ab 37 + 0 SSW
Desweiteren kann es zur Beckenend- oder Steißlage (BL) kommen, die bei ca. 15% der Föten noch bis zur 30 Schwangerschaftswoche vorliegt. Seltener ist die Querlage (QL).
Die Querlage (QL) und die (BL) gelten als Lageanomalien, eine spontane Geburt ist hier zumindest erschwert und häufig ein Kaiserschnitt notwendig.
Abbkürzung | Geburtslage |
---|---|
SL | Schädellage |
BL | Beckenendlage/ Steißlage |
QL | Querlage |
Die Basismaßnahmen unterscheiden sich bei der Schwangeren oder Gebärenden zunächst nicht von anderen Notfallpatienten.
Die Messung von Blutdruck und Herzfrequenz sollte bei jeder Schwangeren erfolgen. Kommen Symptome wie Luftnot, Kopfschmerzen, eingeschränkte Vigilanz oder pathologische Vitalparameter hinzu, ist zudem ein EKG, SpO2 Messung, Blutzuckerbestimmung, Temperaturmessung und regelmäßiges Blutdruckmonitoring notwendig. Zudem sollte ein periphervenöser Zugang zu Medikamentenapplikation etabliert werden.
Die gesunde Schwangere kann ihre Transportposition immer selbst bestimmen und sowohl liegend als auch sitzend transportiert werden. Beim Liegendtransport kann die Linksseitenlage zur Vermeidung eines V. cava Kompressionssyndrom hilfreich sein. Nach einer Geburt von Kind und Plazenta bietet sich eine Lagerung mit übereinandergeschlagenen Beinen an (sog. Fritsch-Lagerung).
Die Eröffnungsperiode ist in ihrer Dauer sehr variabel (3-12h) und beginnt mit der Wehentätigkeit. Sie endet mit der vollständigen Eröffnung des Muttermundes (ca. 10 cm). Regelhaft tritt die Eröffnungsperiode um den Geburtstermin ab der 37 + 0 SSW auf. Eine Schmierblutung als sog. Zeichnungsblutug ist bei Geburtsbeginn häufig und physiologisch.
Regelhaft kommt es zum Blasensprung nach vollständiger Eröffnung des Muttermundes. Kommt es vorzeitig zu einem Blasensprung besteht ein geringes Komplikationsrisiko bei einer Schädellage am Geburtstermin. In seltenen Fällen kann es zu einem Nabelschnurrvorfall kommen bei instabiler Kindslage, Quer- oder Beckenendlage.
Hier kommt es zum Durchtritt des Kindes durch das mütterliche Becken. Die Pressperiode beginnt, wenn das Köpfchen des Kindes am Introitus vaginae sichtbar wird. Die Gebärende entscheidet selbst über die Geburtsposition. Bei Rückenlage kann es ggf. hilfreich sein die Beine bei erhöhtem Oberkörper anzuwinkeln. Die Schwangere kann unterstützt werden indem zum wehenynchronen Mitpressen angeleitet wird. Die Geburt des Köpfchens sollte durch einen Dammschutz unterstützt werden. Hier wir die flache Hand am Damm aufgelegt. Mit der anderen Hand kann das Köpfchen vorsichtig abgebremst werden. Nach der Geburt des Köpfchens sollte eine Wehe abgewartet werden. Zur Entwicklung der vorderen Schulter kann das Köpfchen nach unten gesenkt werden. Dabei darf nicht am kindlichen Köpfchen gezogen werden. Zur Entwicklung der hinteren Schulter kann das Köpfchen in Richtung Symphyse angehoben werden.
Die Postpartalperiode dauert regelhaft bis 30 Minuten nach der Geburt des Kindes. Es kommt zur Geburt der Plazenta. Unter keinen Umständen sollte an der Nabelschnurr gezogen werden. Hier steht das Monitoring der Mutter im Vordergrund. Eine Blutung von bis zu 500 ml ist bei Spontangeburten physiologisch. Nach Abnabeln des Kindes sollte der Mutter 3 IE Oxytocin langsam i.v. appliziert werden. Die Uteruskontraktion muss im weiteren Verlauf überwacht werden, die Plazenta ist zu asservieren. Nach der Geburt der Plazenta bietet sich für die Mutter die Fritsch-Lagerung an.
Die Nabelschnurr wird ca. 5 cm vom Neugeborenen entfernt mit 2 Klemmen abgeklemmt und zwischen den Klemmen durchtrennt. Das Neugeborene sollte mit warmen Tüchern bedeckt werden und idealerweise auf dem Oberkörper der Mutter mit Hautkontakt gelagert werden. Zudem muss der Apgar-Score bei jeder Geburt nach 1,5 und 10 Minuten erhoben werden.
Kriterium | 0 Punkte | 1 Punkt | 2 Punkte |
---|---|---|---|
Atemanstrengung | Keine | Unregelmäßig/ flach | Regelmäßig, Kind schreit |
Puls | Kein Herzschlag | <100 | >100 |
Grundtonus (Muskeltonus) | Schlaff | Leichte Beugung er Extremitäten | Aktive Bewegung der Extremitäten |
Hautfarbe/Aussehen | Blau, blass | Stamm rosig, Extremitäten blau | Gesamter Körper rosig |
Reflexe | Keine | Grimassieren | Kräftiges Schreien, Husten, Niesen |
Eine Frühgeburt ist definiert als < 37 + 0 Schwangerschaftswoche (SSW). Grundsätzlich ist der Ablauf der Geburt nicht anders als bei der Geburt nach der 37 SSW. Bei frühen Frühgeburten 24 + 0 SSW bis 34 + 0 SSW sind jedoch Anpassungsstörungen des Neugeborenen sowie Lageanomalien und das Risiko für einen Nabelschnurrvorfall deutlich erhöht.
Frühgeburt ab <37 + 0 SSW
Hier sollte der Transport nach Möglichkeit in eine Klinik mit Perinatalzentrum Level I oder II erfolgen. Eine Frühgeburt sollte bis zum Eintreffen in der geeigneten Zielklinik durch eine Tokolyse verzögert werden. Mittel der ersten Wahl ist die intravenöse Gabe von Fenoterol. Fenoterol kann jedoch auch inhalative verabreicht werden (Fenoterolaerosol 2-3 Hübe, je 0,2 mg). Nebenwirkungen können maternale Tachykardie sowie in extrem seltenen Fällen ein Lungenödem sein. Alternativ kann auch der Calciumantagonist Nifedipin verwendet werden (während des Transports 10 mg p.o.) Sind o.g. Medikamente nicht verfügbar, weißt auch Nitroglycerinspray ein tokolytische Wirkung auf (1 Hub). Hier besteht allerdings die Gefahr der maternalen Hypotonie.
Medikament | Dosierung | Nebenwirkungen |
---|---|---|
Fenoterolhydrobromid i.v. (Mittel der 1. Wahl) | 0,5-3,0 µg/min (1Ampulle 10ml + 40 ml NaCl 0.9% mit 3-18 ml/h | |
Fenoterol inhalativ | Fenoteroerosol 2-3 Hübe je 0,2 mg | maternale Tachykardie, Lungenödem |
Nifedipin | 10 mg p.o. während des Tansports | |
Nitroglycerinspray | 1 Hub | CAVE: mütterliche Hypotonie |
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